Ein ganzes Team an Mikronährstoffen für das Immunsystem - die aktuelle Datenlage
Mikronährstoffe für die Immunvorsorge
Gerade in der jetzigen Zeit wird häufig die Frage gestellt, ob und in welchem Ausmass Mikronährstoffe in der Lage sind, Infekte der oberen Atemwege hinsichtlich Häufigkeit, Dauer und Schweregrad positiv zu beeinflussen.
Für einige Mikronährstoffe wie Vitamin A, B6, B12, C, D sowie für Zink, Selen, Eisen und Kupfer hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) die wissenschaftliche Datenlage positiv beurteilt und die gesundheitsbezogene Aussage „… trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei“ im Zusammenhang mit Nahrungsergänzungsmitteln erlaubt.
Ein Team an Mikronährstoffen für das Immunsystem – eine Übersicht über die aktuellen wissenschaftlichen Daten
Zink für Prävention und Therapie
Prävention:
Bereits ein leichter Zinkmangel kann zu einer erhöhten Infektanfälligkeit führen. Zu den Risikogruppen für einen Zinkmangel gehören Kinder und Jugendliche, Senioren, Vegetarier, Sportler sowie Schwangere und Stillende. Eine Zinksupplementierung kann die Häufigkeit von Infekten reduzieren.
In Studien sind hierfür Zinkgaben zwischen 10 und 45 mg pro Tag verabreicht worden.2,3 Wenn keine Informationen über den aktuellen Zinkstatus vorliegen, empfiehlt sich eine präventive Zinkgabe während 2 bis 3 Monaten von 10 bis 30 mg pro Tag.
Therapie:
Bei akuten grippalen Infekten bzw. Erkältungen kann Zink die Erkältungsdauer um durchschnittlich 33 % verkürzen.4 Zink sollte dabei als Lutschtablette (als Zinkacetat oder Zinkglukonat) gleich zu Beginn der Erkältung (d. h. innerhalb der ersten 24 Stunden nach Auftreten der ersten Erkältungssymptome) in einer täglichen Dosierung von 75 bis 90 mg zum Einsatz kommen. Diese Dosierung bleibt während der Infektdauer gleich.
Eine Metaanalyse (n = 2216) zeigt positive Erfahrungen mit der adjuvanten Gabe von Zink bei der Behandlung von schweren Lungenentzündungen. Die Zinkgaben (10–20 mg Zink pro Tag während 1–2 Wochen) führten zu einer um 57 % reduzierten Mortalität der Patienten.5
Selen: Ein Mangel kann die Infektanfälligkeit erhöhen und den Verlauf eines Infektes negativ beeinflussen
Aus Tiermodellen ist bekannt, dass der Selenstatus ein wichtiger Virulenzfaktor ist. Ein Selenmangel beim Wirtsorganismus kann dazu führen, dass ein eigentlich mild pathogenes Virus aggressiver wird. Dieses Phänomen konnte in Bezug auf das Influenza- und für das Coxsackie-Virus nachgewiesen werden.6
Die Schweiz ist – zusammen mit zahlreichen anderen europäischen Ländern – nicht nur ein Jodmangelgebiet, sondern wegen der niedrigen Selenkonzentrationen in den Böden auch ein Selenmangelgebiet. Während der Jodmangel mit der Anreicherung des Kochsalzes aktiv angegangen wurde, ist der Selenmangel ein vernachlässigtes Problem.
Ein Selenmangel ist also aufgrund seiner Folgen hinsichtlich Infektanfälligkeit und Schweregrad eines Infektes zu vermeiden. Der Selenstatus (Vollblut) sollte bei der breiten Bevölkerung häufiger im Labor bestimmt werden. Als Nahrungsergänzung wird Selen im Bereich von 50 bis 150 μg pro Tag supplementiert, in den meisten Fällen reichen für präventive Zwecke 50 bis 60 μg pro Tag.
Vitamin C – bei richtigem Einsatz wirksam
Prävention:
In einer Metaanalyse konnte gezeigt werden, dass eine regelmässige Vitamin-C-Supplementierung (≥ 1 g Vitamin C pro Tag) die Erkältungsdauer bei Erwachsenen um 8 % und diejenige bei Kindern um 18 % verkürzt.7 Auch der Schweregrad von Erkältungen kann durch Vitamin C reduziert werden. Hingegen scheint Vitamin C bei der Durchschnittsbevölkerung die Häufigkeit von Erkältungen nicht zu vermindern. Vitamin C konnte allerdings bei physisch stark belasteten Menschen – und bei extremen Witterungsbedingungen (Kälte, Hitze) – die Anzahl an Erkältungen um die Hälfte reduzieren.7
Drei kontrollierte Studien7 kamen zum Schluss, dass eine begleitende Gabe von Vitamin C (tägliche Vitamin-C-Dosierungen: 50–300 mg, 300 mg, 2 g) die Häufigkeit von Lungenentzündungen um ≥ 80 % senkt. Diese Daten zeigen u. a. auch, wie wichtig es ist, einem Vitamin-C-Mangel zu vorzubeugen.
Therapie:
Eine aktuelle Metaanalyse hat ergeben, dass Vitamin C die Beatmungszeit bei Personen, welche auf der Intensivstation mehr als 10 Stunden künstlich beatmet werden mussten, um 25 % reduzieren konnte.8 Vitamin C wurde in einer täglichen Dosierung von 1 bis 6 g oral oder intravenös eingesetzt.
Eine weitere Metaanalyse kam bereits 2019 zum Schluss, dass Vitamin C die Aufenthaltsdauer von Patienten auf der Intensivstation um 7.8 % reduzieren konnte (12 Studien, n = 1766).9 Bei 6 Studien, in denen Vitamin C peroral (1–3 g pro Tag) zum Einsatz kam, reduzierte sich die Aufenthaltsdauer um 8.6 %.
Die Autoren wiesen darauf hin, dass Vitamin C aufgrund seiner geringen Kosten und Nebenwirkungen vermehrt in der Therapie berücksichtigt werden sollte.
Vitamin D – ein guter Vitamin-D3-Blutspiegel ist wichtig
Martineau et al. publizierten im British Medical Journal eine umfangreiche Metaanalyse (n = 11'321, 25 randomisierte, kontrollierte Studien) zur Fragestellung, ob eine Vitamin-D3-Supplementierung das Risiko für akute Atemwegsinfekte reduzieren kann.10
Bei Probanden, die vor der Supplementierung einen 25-OH-D3-Blutspiegel < 25 nmol/l hatten, konnte eine tägliche oder wöchentliche Vitamin-D3-Gabe das Risiko für eine akute Atemwegsinfektion um 70 % (!) reduzieren. Im Falle eines höheren 25-OH-D3-Spiegels konnte immer noch eine Risikoreduktion von 25 % festgestellt werden. Die Vitamin-D3-Dosierungen bewegten sich in den untersuchten Studien zumeist in einem Bereich von 800 bis 4000 I.E. pro Tag.
In Mitteleuropa weist ein hoher Anteil der gesunden Personen erniedrigte Vitamin-D3-Spiegel auf. Eine möglichst gezielte Vitamin-D3-Supplementierung besitzt daher ein hohes Präventionspotenzial.
FAZIT
Ein gut funktionierendes Immunsystem hängt von vielen Faktoren ab. Dazu gehören Ernährung, Bewegung, Stressmanagement, Schlafhygiene usw. Mikronährstoffe spielen als essenzielle Co-Faktoren eine wichtige Rolle bei einer guten Immunantwort und weiteren biochemischen Prozessen. Die vorliegende Datenlage legt nahe, zur Stärkung des Immunsystems auch auf eine begleitende Mikronährstoff-Supplementierung zurückzugreifen. Um den Tagesbedarf sicher abzudecken, kann ein ausgewogenes Multivitamin-Mineral-Präparat eingesetzt werden. Daneben besitzt aber auch eine ergänzende und möglichst gezielte Supplementierung von Zink, Selen, Vitamin C und D ein beachtliches präventives und therapeutisches Potenzial.
Literatur
1 Gombart AF et al. A review of micronutrients and the immune system – working in harmony to reduce the risk of infection. Nutrients 2020;12(1).
2 Prasad AS et al. Zinc supplementation decreases incidence of infections in the elderly: effect of zinc on generation of cytokines and oxidative stress. Am J Clin Nutr 2007;85:837–844.
3 Allan GM et al. Prevention and treatment of the common cold: making sense of the evidence. CMAJ (Can Med Ass J) 2014;186(3):190–199.
4 Hemilä H. Zinc lozenges and the common cold: a meta analysis comparing zinc acetate and zinc gluconate, and the role of zinc dosage. J Royal Soc Med Open 2017;8(5):1–7.
5 Wang L et al. Efficacy of zinc given as an adjunct to the treatment of severe pneumonia: a meta-analysis of randomized, double-blind and placebo-controlled trials. Clin Respir J 2018;12:857–864.
6 Guillin OM et al. Selenium, Selenoproteins and viral infection. Nutrients 2019;11(9).
7 Hemilä H. Vitamin C and infections. Nutrients 2017;9(4).
8 Hemilä H et al. Vitamin C may reduce the duration of mechanical ventilation in critically ill patients: a meta-regression analysis. J Intensive Care 2020;8:15.
9 Hemilä H et al. Vitamin C can shorten the length of stay in the ICU: a meta-analysis. Nutrients 2019;11(4).
10 Martineau AR et al. Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: systematic review and meta-analysis of individual participant data. BMJ 2017;356:i6583.