Jodversorgung bei pflanzlicher Ernährung
Jodmangel als zunehmendes Problem der öffentlichen Gesundheit
Jod ist besonders in den ersten 1000 Tagen des Lebens wichtig, wenn sich das Gehirn entwickelt. Eine britische Studie hat gezeigt, dass selbst ein leichter Jodmangel während der Schwangerschaft mit einem niedrigeren IQ und Leseschwierigkeiten bei Kindern im Schulalter einhergeht1. In den letzten Jahren hat der Jodmangel bei Frauen im gebärfähigen Alter und bei Schwangeren in Europa wieder zugenommen. Dies ist problematisch, da Jodmangel vor der Schwangerschaft zunehmend als Risikofaktor für ein gestörtes mütterliches Schilddrüsenhormonprofil angesehen wird und möglicherweise mit der kognitiven Leistungsfähigkeit des Kindes zusammenhängt.
Übersicht und Berechnung des Jodgehalts in pflanzlichen Ernährungsweisen
Zunehmend werden pflanzenbasierte Ernährungsweisen empfohlen, um die menschliche Gesundheit zu fördern und gleichzeitig die ökologische Nachhaltigkeit zu unterstützen. Eine davon ist die EAT-Lancet-Referenzdiät. Diese empfiehlt eine überwiegend pflanzliche Ernährung, die reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und ungesättigten Fetten ist, während Meeresfrüchte und Geflügel in kleinen bis moderaten Mengen und rotes Fleisch und Milchprodukte in sehr geringen Mengen verzehrt werden sollten2. Die Autoren berechneten eine tägliche Jodzufuhr von 128 μg unter Verwendung der EAT-Lancet-Referenzempfehlungen auf der Grundlage von Jodwerten aus britischen Lebensmitteltabellen. Dies entspricht 85 % der Empfehlung für Erwachsene von 150 μg/Tag und 51–64 % der Empfehlung für Schwangere von 200–250 μg/Tag. Würde Milch durch nicht angereicherte pflanzliche Alternativen ersetzt, läge die Gesamtjodaufnahme bei nur 54 μg/Tag. Daher ist die EAT-Lancet-Referenzdiät unzureichend hinsichtlich der Jodzufuhr. Für Menschen, die sich pflanzlich ernähren, werden Meeresalgen oft als reichhaltige pflanzliche Jodquelle angepriesen. Der Jodgehalt schwankt jedoch stark, die Bioverfügbarkeit ist noch nicht gut erforscht und kann je nach Alge sogar zu einer übermässigen (toxischen) Jodaufnahme führen. Deshalb ist bei Meeresalgen Vorsicht geboten.
Personen, die sich vegan ernähren, haben ein erhöhtes Risiko für Jodmangel
Um die Jodaufnahme und den Jodstatus bei Erwachsenen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, zu untersuchen, wurden eine systematische Literaturrecherche und eine Meta-Analyse durchgeführt3. Für den Zeitraum Oktober 2020 bis Dezember 2022 erfüllten 11 Artikel die Analysekriterien. In 9 Studien (n = 678) wurden Daten zur Jodaufnahme über die Nahrung erhoben. 16 Personen ernährten sich ausschliesslich von Rohkost, 280 vegan, 117 vegetarisch, 35 pescetarisch und 230 omnivor. Die vegane Ernährung wies die niedrigste Jodaufnahme auf (17.3 μg/Tag), 11.5 % von der WHO-Empfehlung von 150 μg Jod/Tag, und war im Vergleich zu omnivorer Ernährung stark mit einer niedrigeren Jodaufnahme assoziiert (P = < 0.001). Einflussfaktoren für die niedrige Jodaufnahme bei Veganern waren: Geschlecht (P = 0.007), das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Programmen zur universellen Salzjodierung (P = 0.01 & P = < 0.001) und das Leben in einem Land mit ausreichender Jodversorgung (P = < 0.001). Eine niedrige Jodzufuhr wurde auch in einer Studie von Sobiecki et al. (2016) aus Grossbritannien gezeigt, in der 93 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die sich vegan ernährten, eine unzureichende Jodzufuhr aufwiesen4.
Der Jodstatus wurde anhand der Jodkonzentration im Urin bestimmt. Diese wurde in fünf Studien mit insgesamt 700 Personen gemessen, von denen sich 271 vegan, 135 vegetarisch, 35 pescetarisch, 189 omnivor und 70 flexitarisch ernährten. In allen fünf Studien hatten die veganen Ernährungsgruppen die niedrigsten medianen Jodkonzentrationen im Urin (12.2–44.0 μg/L) und wiesen einen leichten bis moderaten Jodmangel auf. In keiner der Ernährungsgruppen lag die mediane Jodkonzentration im Urin im von der WHO empfohlenen optimalen Bereich von 100–200 μg/L (siehe Abbildung 1). Auch in einer Schweizer Studie von Schüpbach et al. (2017) lag die mediane Jodkonzentration im Urin bei Personen, die sich vegan ernährten, mit 56 μg/L deutlich unter diesem Bereich und war niedriger als bei Personen, die sich omnivor oder vegetarisch ernährten (P = < 0.05)5.
Fazit der Studien
Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass Menschen, die sich überwiegend pflanzlich ernähren, ein erhöhtes Risiko für eine unzureichende Jodversorgung, einen niedrigen Jodstatus und Jodmangel haben. Ein suboptimaler Jodstatus wurde jedoch in allen Ernährungsgruppen festgestellt. Menschen, die sich überwiegend pflanzlich ernähren, sowie auch Frauen im gebärfähigen Alter und Schwangere sollten auf eine angemessene Jodversorgung achten. Die Autoren empfehlen jodiertes Salz, jodierte pflanzliche Alternativprodukte (z. B. jodierte pflanzliche Milch) oder Jodsupplemente bis zu 150 μg/Tag als Möglichkeiten, um eine ausreichende Jodzufuhr zu gewährleisten.
Literatur
1. Bath SC, Steer CD, Golding J, Emmett P, Rayman MP. Effect of inadequate iodine status in UK pregnant women on cognitive outcomes in their children: results from the Avon Longitudinal Study of Parents and Children (ALSPAC). Lancet. 2013 Jul 27;382(9889):331-7.
2. Nicol K et al. Iodine and plant-based diets: a narrative review and calculation of iodine content. Br J Nutr. 2024 Jan 28;131(2):265-275.
3. Eveleigh ER, Coneyworth L, Welham SJM. Systematic review and meta-analysis of iodine nutrition in modern vegan and vegetarian diets. Br J Nutr. 2023 Nov 14;130(9):1580-1594.
4. Sobiecki JG, Appleby PN, Bradbury KE, Key TJ. High compliance with dietary recommendations in a cohort of meat eaters, fish eaters, vegetarians, and vegans: results from the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition-Oxford study. Nutr Res. 2016 May;36(5):464-77.
5. Schüpbach R et al. Micronutrient status and intake in omnivores, vegetarians and vegans in Switzerland. Eur J Nutr. 2017 Feb;56(1):283-293.