Vitamin D-Versorgung vor der Geburt und im Kindesalter
Eine Vitamin D-Supplementierung während der Schwangerschaft führt zu einer erhöhten Knochenmineralisation im Kindesalter
Kein Einfluss der Vitamin D-Supplementierung auf das Auftreten von Asthma bei Kindern
Eine gute Vitamin-D-Versorgung in der Schwangerschaft hat sowohl pränatal als auch nach der Geburt für die Kinder einen nachhaltigen gesundheitlichen Nutzen. Im Rahmen der Copenhagen Prospective Studies on Asthma in Childhood (COPSAC) erhielten 623 Schwangere von der 24. Schwangerschaftswoche bis 1 Woche nach Geburt – zusätzlich zur empfohlenen Standarddosis von 400 IE – weitere 2400 IE Vitamin D3 pro Tag oder ein Placebo-Präparat.
Die bereits 2016 publizierten 3-Jahres-Resultate zum primären Endpunkt (Auftreten von Asthma bei Kindern nach einer Vitamin-D-Supplementierung während der Schwangerschaft) waren leider negativ: Es wurde bei den Kleinkindern keine verringerte Asthmahäufigkeit beobachtet.1
Der positive Nebeneffekt der COPSAC-Studie – Einfluss auf die Knochendichte
Für die weiteren Analysen wurden bei den Kindern der COPSAC-Studie nach 3 und 6 Jahren DXA-Scans durchgeführt und nach 6 Jahren anthropometrische Messungen vorgenommen (Grösse, Gewicht, Body-Mass-Index, Taillen-, Kopf-, Thoraxumfang).
Es zeigte sich, dass Kinder, deren Mütter in der Studie die hohe Vitamin-D3-Dosis erhielten, eine höhere Knochenmineralisation aufwiesen.2 Im Alter von 6 Jahren betrug die Differenz zwischen den beiden Gruppen, nach Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Grösse und Gewicht, 11.5 Gramm (95%-CI: 2.3–20.7; p= 0.01).
Grössere Effekte bei grösserem Defizit
Häufigkeit der Knochenbrüche
Eine Post-hoc-Analyse zeigte zudem, dass unter pränatal hoher Vitamin-D3-Substitution tendenziell weniger Kinder in den ersten 6 Jahren Knochenbrüche erlitten (relative Inzidenzrate: 0.62; 95%-CI: 0.37–1.05; p = 0.08).
Bei den anthropometrischen Messungen wurden keine signifikanten Unterschiede gefunden. Diskutiert wird von den Autoren, ob die höhere Knochenmineralisation zu einer höheren „peak bone mass“ im Alter zwischen 20 und 30 Jahren führen könnte. Eine tiefe „peak bone mass“ gilt als Risikofaktor für eine spätere Osteoporose.
Auswirkung der Vitamin D-Supplementierung auf die Zähne der Kinder
In der gleichen Studie wurden nach 6 Jahren auch die Zähne der Kinder untersucht und es zeigte sich, dass mit der höheren Vitamin-D3-Dosierung eine um 50 % geringere Wahrscheinlichkeit von Zahnschmelzdefekten einherging (OR: 0.47; 95%-CI: 0.27–0.81).3
Hohe Vitamin D-Spiegel bei der Geburt haben einen positiven Einfluss auf die Gesundheit
Eine prospektive Geburtskohortenstudie aus Boston konnte nachweisen, dass eine gute Vitamin-D-Versorgung bei der Geburt, im frühen Kindesalter und sogar bis ins Jugend- und Erwachsenenalter gesundheitliche Auswirkungen hat.4
775 Kinder wurden bis zu ihrem 18. Lebensjahr regelmässig medizinisch untersucht, wobei u. a. der systolische Blutdruck und der Vitamin-D-Spiegel gemessen wurden. Die Forscher konnten belegen, dass ein zu tiefer Vitamin-D-Status bei der Geburt (< 28 nmol/l) mit einem um 38 % höheren Risiko für einen erhöhten systolischen Blutdruck im Alter zwischen 3 und 18 Jahren einhergeht (OR: 1.38; 95%-CI: 1.01–1.87). Wurde der Vitamin-D-Mangel (< 63 nmol/l) erst im frühen Kindesalter festgestellt, so hatte dies ein fast 60 % höheres Risiko zur Folge (OR: 1.59; 95%-CI: 1.02–2.46). Existierte der Mangel jedoch bereits zur Geburt und zog sich dieser bis in die frühe Kindheit, so verdoppelte sich das Risiko eines zu hohen systolischen Blutdrucks im Alter zwischen 3 und 18 Jahren (OR: 2.04; 95%-CI: 1.13–3.67).
Fazit
Die Ergebnisse dieser Studien bestätigen, dass das Screening auf Vitamin-D-Mangel und dessen Behandlung durch eine Supplementierung während der Schwangerschaft und in der frühen Kindheit positive gesundheitliche Auswirkungen haben. Dies ist umso wichtiger, da bereits 2018 eine Schweizer Kohortenstudie zeigte, dass beachtliche 53 % der untersuchten Schwangeren und beinahe 50 % der Neugeborenen einen Vitamin-D-Mangel aufwiesen (< 50 nmol/l).5 Eine Supplementierung bei Schwangeren mit einer ausreichend hohen Dosierung ist deshalb von grosser Bedeutung.
Literatur
1 Chawes BL et al. Effect of Vitamin D3 Supplementation During Pregnancy on Risk of Persistent Wheeze in the Offspring: A Randomized Clinical Trial. JAMA 2016;315(4): 353-61.
2 Brustad N et al. Effect of High-Dose vs Standard-Dose Vitamin D Supplementation in Pregnancy on Bone Mineralization in Offspring Until Age 6 Years A. Prespecified Secondary Analysis of a Double-Blinded, Randomized Clinical Trial. JAMA Pediatr 2020.
3 Norrisgaard PE et al. Association of High-Dose Vitamin D Supplementation During Pregnancy With the Risk of Enamel Defects in Offspring: A 6-Year Follow-up of a Randomized Clinical Trial. JAMA Pediatr 2019 Aug 5.
4 Wang G et al. Vitamin D Trajectories From Birth to Early Childhood and Elevated Systolic Blood Pressure During Childhood and Adolescence. Hypertension 2019;74:421-430
5 Krieger JP et al. Prevalence and determinants of vitamin D deficiency in the third trimester of pregnancy: a multicentre study in Switzerland. Br J Nutr. 2018;119:299-209